Design Apartment, Zuhause, Alter Ego: Willkommen in der Casa Ornella (2024)

Gepostet von Christina Pearce | Homestory, Wohnen

Mit einem Blick auf das Design Apartment der Mailänder Einrichterin Maria Vittoria Paggini stimmen wir uns auf den Start des diesjährigen Salone ein! Denn noch immer gehört ihre Casa Ornella zu unseren Highlights aus dem vergangenem Jahr und stellt die spannende Frage in den Raum: Kann ein Zuhausezeigen, wer darin wohnt?

„Modernes Design finde ich langweilig“

Labels mag Maria Vittoria Paggini nicht, in keiner Form. Genauso wenig wie sie als Person passen die Einrichtungen, die sie entwirft, in eine Schublade. Nicht einmal das für solche Fälle gern herangezogene, weil wenig konkrete Attribut „eklektisch“ trifft ihre Sache im Kern. Maria Vittorias Interiordesign besteht fast ausschließlich aus selbst Entworfenem oder nach eigenen Vorstellungen modifizierten Vintage-Stücken, von der Kommode bis zur Türlaibung. „Modernes Design finde ich langweilig. Weil es abgeschlossen ist. Für mich ist seit den 90er-Jahren fast alles eine Wiederholung des bereits Dagewesenen. Da mache ich nur wenige Ausnahmen.“ Etwa Klassiker-Entwürfe, die sie hier und da ins Ensemble wirft, oder shiny Stücke der Möbel- und Accessoires-Brand Reflections Copenhagen, die Maria Vittoria für sich entdeckt hat. Alles andere ist Handarbeit – ob nun von den eigenen Fingerspitzen oder verehrten Künstlern wie House of Ita oder Nicolas Denino, der mehreren Ecken von La Casa Ornella seine markanten blauen Punkte lieh.

Ein Design Apartment zur Salone

Einen Blick in dieses Kabinett der kleinen Wunder wagten nicht wenige Designfans während der Mailänder Möbelmesse 2023. Zu erstaunlich kongenialen Eurodance-Sounds schleusten sich Besucherströme durch die eher kleine City-Wohnung. Einmal um den zentralen Glastisch im Verbindungsflur gezirkelt, Blick in die Küche hier, Insta-Story da – allein die Vorstellung, diesen Lauf der Lemminge im eigenen Zuhause zu erleben, erscheint absurd. Für Maria Vittoria aber ist ihre Wohnung kein rein privater Ort, sondern ihr Alter Ego. Hier zeigt sie, wer sie ist. Hier zeigt sie, was sie kann. Allerdings lieber nur in Teilzeit. Ihr Leben ist ein zufriedenes Pendeln zwischen Milano und ihrem Heimatort Arezzo mit ihrer Familie und den zwei Kindern. „Ich liebe Mailand für die Möglichkeiten, die es mir bietet, gleichzeitig will ich nicht jeden Tag hier leben. Es ist immer Business, Business, Business. In der Toskana geht es auch um Spaß.“ Wobei man diese Trennung nicht auf den Look beziehen sollte, den Maria Vittoria transportiert. Er wird getragen von Leichtigkeit, ist farbenfroh, auch humorvoll, und doch mahnt stets der Finger seriöser Eleganz. Eine Art kindliche Naivität, die es geschafft hat, erwachsen zu werden.

Farben als Ausdruck des Innersten

Von ihren Kunden verlangt die Designerin Carte blanche. Dennoch drückt sie kein Schema auf, das Interiordesign ist nie ein Abziehbild ihrer Casa Ornella. Sie will ihre Kunden fühlen, sagt sie. Und legt dann mit der Einrichtung los. Dabei seien Farben wichtig, so viele wie im eigenen Apartment müssten es gar nicht sein. Eine Wohnung in Brera habe sie nahezu komplett in Grün gestaltet. Weil Chiara, die Auftraggeberin, sich anfühlte wie die personifizierte Balance. „Eine Farbe reichte aus, um sie zu beschreiben“, sagt die Einrichterin bestimmt. Es ist diese Selbstsicherheit, das ungetrübte Vertrauen in den eigenen Geschmack, von dem Maria Vittorias Stil lebt. Farbvorlieben kenne sie dabei nicht, „höchstens für eine Woche“. Sie seien Ausdruck ihres Innersten, verändern sich ständig.

Was flüchtig klingt, wirkt in der Umsetzung im besten Sinne zeitlos. Vielleicht weil es abseits von Trends existiert, vielleicht weil die Vintage-Stücke ihre Geschichten erzählen. Sicher ist, dass auch Talent hier eine große Rolle spielt. Eine Unbekümmertheit, die man nicht lernen kann. Die aber inspiriert. Und auch die Designerin lässt Einflüsse von außen zu. Benannt ist ihre Casa nach der in den 60er-Jahren berühmt gewordenen und heute noch in Mailand lebenden Sängerin Ornella Vanoni. Im Gespräch verrät Maria Vittoria ihren geheimen Lieblingsort: eine Bar gegenüber des Bahnhofs. Wenn sie dort hingeht, ist sie immer allein, bestellt einen Spritz und schaut sich um. Klar, ein wenig eklektisch ist es schon, was sie präsentiert. Und ja, auch ein wenig exzentrisch. Vor allem aber ist es wirklich eigen.

www.mariavittoriapaggini.com

Fotos: Helenio Barbetta / ©Living Inside